Japanische Kampfkünste, sogenannte Ryuha, haben eine lange Tradition. Fast 1.000 Jahr. Tradition bedeutet aber nicht starr. Um einen Eindruck zu vermitteln, wie Ryuha haben entstanden und weitergegeben wurden und um zu verstehen, warum es schwierig ist etwas als historisch einzustufen, möchte ich einen Überblick geben
Die Bedeutung und die Kultur japanische Ryuha
Ryuha bedeutet in etwa Strömung, wird jedoch eher mit Schule oder Stil übersetzt. Eigentlich beschreibt Ryuha “die Art etwas zu machen”. Takenouchi Ryu Jujutsu ist die Takenouchi Art Jujutsu zu machen. Gracie Ryu Jujutsu wäre also ein passender Begriff für Brasilien Jujutsu (BJJ). Es ist die Art der Gracie Familie Jujutsu zu machen.
Ryuha lassen sich dabei in 3 Zugehörigkeiten klassifizieren.
- Eine Familie oder ein Clan. Zum Beispiel das Kukishin Ryu des Kuki Familienklans
- Auf einen Tempel oder Schrein. Zum Beispiel ist die Shule Tenshin Shoden Katori Shinto Ryu mit dem Katori Jingu Schrein verbunden
- Auf eine Region. Gyokkoryu Kosshijutsu ist in der Region Iga verbreitet gewesen
Grundsätzlich hat jede Schule einen Gründer. Der Gründer war entweder ein Kriegsheld oder Duellkämpfer mit großem Ruf oder jemand wohlhabendes, der eine spirituelle Eingebung hatte.
Spezialisierungen einer Ryuha
Entscheidend für die Ryuha war zudem ihre Aufgabe. Kampfkünste gehörten zum Bujutsu, den militärischen Fähigkeiten, entsprechend war es meistens die Aufgabe die Armee eines Daimyo (Fürsten) ganzheitlich oder in Spezialbereichen auszubilden- Es gab aber auch Schulen, die die geistigen, moralischen oder spirituellen Charakterzüge festigen sollten.
Die meisten historischen Ryuha waren sehr spezialisiert. Kampfschulen eines Familienclans waren oft eine Ausnahme, da sie nahezu alle Bereiche abgedeckt haben. Klassische Beispiele wären zum Beispiel:
- Togakure Ryu Ninjutsu (Ninpo Taijutsu) – eine Ninja Schule spezialisiert auf Spionage, Flüchten und Feuertechniken.
- Itto Ryu Kenjutsu – eine Schwertschule spezialisiert auf den Sieg mit einem Schnitt.
- Hozoin Ryu Sojutsu – eine Schule spezialisiert auf den Kampf mit dem Speer.
Als Ryuha, die mehrere Bereiche abdecken kann man die Beispiel Kukishin Ryu Tenshin Hyoho oder Kukishinden Happo Biken nennen. Beides Schulen, die aus dem Kuki Klan hervorgingen und eine Vielzahl an Fähigkeiten, Techniken und Waffen beinhalten. Auch sehr bekannt ist die Yagyu Shingan Ryu, als ganzheitliche Schule.
Oberhäupter, Lehrer und die Verästelung von Stilen
Jede Ryuha hat einen Gründer und, wenn dieser nicht mehr lebt, einen Shihanke. Dieser Oberlehrer darf die Ausrichtung der Schule beeinflussen. Neben der Position Shinhanke gibt es auch den Titel des Soke. Soke bedeutet Familienoberhaupt. Es kann also sein, dass der Soke der Familie nichts mit den Kampfkünsten zu tun hat und deshalb einen Shihanke ernennt.
Jede Ryuha verfügt über ein eigenes Graduierungs- bzw. Lizenzsystem. Die höchsten Lizenzen sind im Regelfall Kaiden, Menkyou und Menkyou Kaiden.
Hat jemand die Lizenz Menkyou Kaiden erhalten, steht es der Person frei, seine eigene Version der Ryuha offiziell zu unterrichten und somit einen Zweig zu öffnen. Dies kennzeichnet man dadurch das in den Namen der Schule der eigene Nachname mit -ha angegeben wird.
Japanische Ryuha – zusammengefasst
Wir fassen zusammen. Jede Ryuha hat eine Aufgabe. Jede Ryuha hat eine Verbindung zu einer Familie, einem Schrein oder einer Region. Jede Ryuha hat einen Gründer, der sich die Schule entweder ausgedacht oder in einem verwandten Stil zuvor Menkyou Kaiden erhalten hat. Jeder Soke bzw. Shihanke darf eine Ryuha so verändern wie es ihm oder ihr beliebt.
Foto by rawpixel from https://freepik.com